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Beaujolais / Maconnais - Die Bekannte

Beaujolais Nouveau ist vielleicht der bekannteste französische Wein überhaupt. Alljährlich am dritten Donnerstag im November feiert man seine Ankunft zwischen Los Angeles und Tokio. Seit den späten 1960er Jahren hat sich der Ruf des im Eilverfahren produzierten Weines in alle Welt verbreitet. Was früher nur eine lokale Sitte war, der Ausschank des neuen Beaujolais in den Kneipen von Lyon, den bouchons, ist zu weltweiten Kult geworden.

Das Beaujolais hat von diesem Boom profitiert, keine Frage, aber die Vielfalt seiner Produkte wird von der Popularität des Nouveau (oder Primeur) oft erdrückt. In dem schmalen Landstrich zwischen Lyon und Mâcon entstehen nämlich auch Weine, die mit den weiter nördlich beheimateten berühmten Burgundern mithalten können. Dass diese Spitzen-Beaujolais längst nicht so bekannt sind wie andere französischen Gewächse, mag man bedauern. Andererseits hat diese Tatsache Einfluss auf die Preise: Erstklassige Beaujolais sind wesentlich günstiger zu haben als vergleichbare Burgunder.

Historisch gesehen war das Beaujolais nie ein Teil der Region Burgund. Lediglich der Nordteil wurde dem Departement Saône-et-Loire zugeschlagen und gehört somit verwaltungsmäßig zum Burgund. Der Großteil des Beaujolais und seine Hauptstadt Villefranche-sur-Saône sind dagegen Bestandteil des Departements Rhône, dessen Verwaltung in Lyon residiert. Weinrechtlich betrachtet, zählt das gesamte Beaujolais allerdings zur Bourgogne.

Im 14. Jahrhundert hatte die wichtigste Rebsorte des Beaujolais, die Gamay, sogar die besten Lagen der Côte d´Or erobert, was den Zorn Philipps des Kühnen, des Herzogs von Burgund, erweckte. Im Jahre 1395 befahl er, den Gamay auszureißen. Stattdessen wurde weiter nördlich Pinot Noir gepflanzt. Im Beaujolais aber und im Mâconnais hat sich der Gamay erhalten. Seinen feinsten Ausdruck erreicht er auf den kristallinen Böden des nördlichen Beaujolais, den Crus. Neun der zehn Crus - die Ausnahme bildet der zuletzt gekürte Régnié - erhielten auch das Recht, ihren Gamay als Bourgogne zu etikettieren. Überall sonst im Beaujolais darf nur den selten kultivierten Sorten Chardonnay und Pinot Noir die Appellation Bourgogne zuerkannt werden.


WEINBAU ZWISCHEN FLUSS UND BERGEN

Das Beaujolais erstreckt sich zwischen Lyon und Mâcon auf einer Länge von rund 55 Kilometern und einer Breite von bis zu 15 Kilometern. Erzeugt werden auf insgesamt 23 000 Hektar rund  1,4 Millionen Hektoliter Wein - davon wird fast die Hälfte als Beaujolais Primeur oder Nouveau vermarktet. Neben Weingütern und Handelshäusern spielen auch die Genossenschaften eine traditionell große Rolle: Die 19 Caves erzeugen rund ein Drittel der gesamten Erntemenge. Die Rebflächen bedecken die ersten, aus der Saône-Ebene aufsteigende Hänge der Monts du Beaujolais, reichen aber nur bis zu einer Höhe von 450 Metern hinauf. Im Süden bestehen die Böden zum großen Teil aus Mergel und kalkhaltigem Untergrund, entstanden im Mesozoikum. Doch zur Saône hin finden sich generell in den östlichsten Lagen Schwemmböden aus den jüngeren Erdzeitalter. Die besten Weinberge, nördlich von Villefranche, sind kristallinen Charakters, gehen auf das Paläozoikum zurück weisen Granit und Schiefer auf, wobei Letzterer - wenn er sich zersetzt - Mineralien freigibt, die Einfluss auf die Aromenbildung der Weine haben.

Das Beaujolais wird im Osten von der Saône begrenzt. Auf den ihr zugewandten Hängen erstrecken sich die Weinlagen, darüber und dahinter schließen sich die waldreichen Monts du Beaujolais an, deren höchster Gipfel knapp 1 000 Meter erreicht. Im Norden reichen die Hügel des Beaujolais fast bis zum berühmten Felsen von Solutré, im Süden verlaufen sie nahtlos in die Monts du Lyonnais, und im Westen verschmelzen die Hänge mit dem Nachbardepartement Loire.


EINE KULINARISCHE REGION

Das Beaujolais kann weder mit spektakulären Naturschönheiten noch mit Kulturdenkmälern von Weltrang auftrumpfen. Aber es ist eine Region mit Herz, in der man es versteht zu genießen, wobei die Lieblingsgerichte Leihgaben aus Burgund oder Lyon sind. Deshalb findet man - bis auf seltene Ausnahmen - keine große, aber eine bodenständige, gute Gastronomie. Terrinen und Würste - von allem die Andouillette -, Boeuf Bourgignon und Eier in Rotweinsauce sind typische Gericht, und Wurstwaren spielen im Alltagsleben eine wichtige Rolle. Stärkten sich in Lyon die Arbeiter in den frühen Morgenstunden mit deftiger Kost, so entwickelte sich im Weinland Beaujolais ein mâchon  der Winzer und Weinbergarbeiter, das es früher und vor allem zur Lese mit der Lyonneser Version aufnehmen konnte.

Inzwischen hat es etwas abgespeckt und dient den Winzern, die früh am Morgen in die Weinberge zur Arbeit gehen, als Imbiss. Dann liegen getrocknete Würste und geräucherter Speck im Korb, gutes Bauernbrot, natürlich eine Flasche Beaujolais und nicht zuletzt einige Käse aus dem Monts du Beaujolais. Diese auf den Höfen von den Bauern selbst gemachten Käse aus Ziegen- und/oder Kuhmilch sind im Beaujolais selbst und Lyon geschätzt. Zu all diesen Spezialitäten passt ein Beaujolais, und je würziger das Essen, desto einfacher und jünger darf der Wein sein. Die großen, gereiften Crus des Beaujolais können dagegen auch aufwändige Fleisch- und Wildgerichte begleiten. Sie sollten dann allerdings wärmer serviert werden. ( bei etwa 16 Grad) als junge Beaujolais, Beaujolais Villages oder gar die Beaujolais Primeurs. Für diese fruchtigen und gerbstoffarmen Weine sind 12 bis 14 Grad ideal, ansonsten verlieren sie das, was einen guten Beaujolais auszeichnet: die Frucht.

Aufgrund der Bodenverhältnisse wurde das Beaujolais in drei unterschiedliche Appellationsstufen eingeteilt.


AOC BEAUJOLAIS UND BEAUJOLAIS SUPÉRIEUR

Die flächenmäßig größte Appellation nimmt die ganze südliche Hälfte des Anbaugebiets ein, schließt aber auch die niedrigeren östlichen Lagen ein, sodass sie in 72 Gemeinden erzeugt wird. Etwa 10 300 Hektar stehen in  Ertrag, auf denen der erlaubte Höchstertrag 66 Hektoliter pro Hektar, der potentielle Mindestalkoholgehalt 9,5 Prozent und für den Supérieur 10 Prozent beträgt. Jährlich werden durchschnittlich 670 000 Hektoliter erzeugt. Nur ein Hundertstel der gesamten Produktion wird als Beaujolais Supérieur eingestuft, die aus Chardonnay erzeugten Weißweine machen nur 9 000 Hektoliter aus.


AOC BEAUJOLAIS-VILLAGES

Im Zentrum der Region, nordwestlich von Villefranche, um das Städtchen Beaujeu und an der nordwestlichen Grenze des Beaujolais, verteilt sie sich auf 38 Gemeinden, von denen die meisten das Recht haben, den Begriff Villages durch den eigenen Namen zu ersetzten. Auf knapp 6100 Hektar werden bei einem Höchstertrag von 60 Hektolitern und mindestens 10 Prozent potentiellem Alkohol pro Jahr etwa 350 000 Hektoliter vinifiziert. Auch hier liefert Chardonnay den raren Weißwein, ein Hundertstel der Produktion.


AOC CRU DU BEAUJOLAIS

Auf einem schmalen Streifen zwischen dem Mont-Brouilly und dem Mâconnais befinden sich die aus Granit und Schiefer bestehenden Hänge, von denen die Trauben für die Topweine reifen. Der Höchstertrag ist auf 58 Hektoliter begrenzt, und sie müssen 10 bis 10,5 Prozent Mindestalkohol aufweisen. Es handelt sich - von Süden nach Norden - um Brouilly (1 300 ha), Côte de Brouilly (320 ha), Régnié (590 ha), Morgon (1 100 ha), Chiroubles (380 ha), Fleurie (850 ha), Moulin-á-Vent (650 ha), Chénas (280 ha), Juliénas (600 ha) und Saint-Amour (320 ha), insgesamt rund 6 400 Hektar, die im Durchschnitt 360 000 Hektoliter Wein erbringen.


GAMAY UND GANZBEERENMAISCHUNG

Im Beaujolais regiert unumstritten die Rebsorte Gamay noir à jus blanc, die schwarze Gamay mit weißem Saft. Bis auf etwas Chardonnay für den Beaujolais Blanc und noch weniger Pinot Noir, die zusammen gerade ein Prozent ausmachen, sind die Weinberge ausschließlich mit Gamay bestockt. Damit ist das Beaujolais mit Abstand das bedeutendste Gamay-Gebiet Frankreichs - und damit der Welt.

Der Gamay ist eine früh reifende und ertragreiche Sorte. Winzer, die einen hochwertigen Wein erzeugen wollen, müssen das Gamay-Wachstum zügeln. Dies geschieht zum einen durch Erhöhung der Pflanzdichte, die den Konkurrenzdruck der Reben fördert - im Beaujolais stehen 9 000 bis 13 000 Rebstöcke pro Hektar. Zum anderen wird der Ertrag durch rigorosen Rebschnitt reduziert. Traditionell ist die bei den Villages und den Crus vorgeschriebene Erziehungsmethode Gobelet, bei der die Form der Rebe einem Pokal ähnelt. In der Appellation Beaujolais darf auch der Fruchtrutenschnitt Guyot angewandt werden - hier erzieht man die Rebe an Drahtrahmen, während man sonst jede einzelne an einem Pfahl festbindet. Schnitt und Vinifikation setzen Handlese voraus, die meist Mitte September beginnt und sich über drei Wochen erstreckt.


ALTERUNG NICHT AUSGESCHLOSSEN

Obwohl die Sommer in Beaujolais oft heiß und trocken sind, ist die Anreicherung des Mostes um maximal zwei Alkoholgrade erlaubt. Zudem zählt der Gamay nicht zu den Sorten, die viel natürlichen Zucker bilden, schon gar nicht, wenn die Erträge zu hoch sind. Weniger Winzer verzichten auf Chaptalisierung. Der besondere Charme des Beaujolais liegt in seinen intensiven und reizvollen Aromen. Sie umfassen ein Spektrum von Blüten wie Veilchen, Rose, Maiglöckchen sowie von Früchten wie Kirsche, Himbeere, roter Johannisbeere oder Heidelbeere. Obwohl sich diese frischen Aromen am reinsten in jungen Weinen ausdrücken, besitzen viele Weine der Region - nicht nur die zehn Crus - ausreichend Struktur, jähriges Potential sind vor allem Morgon, Chènas und Moulin-à-Vent. Erstaunlicherweise nähern sich gut gereifte Beaujolais Crus häufig in Bukett und Geschmack Burgundern an - obwohl sie aus verschiedenen Traubensorten bereitet sind.

(entnommen aus dem vorzüglichen und umfangreichen Werk „Wein" vom André Dominé aus dem Jahre 2000, in Teilen zitiert)


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Morgon AC "Vieilles Vignes", Beaujolais/ Maconnais, Paul Sapin, Wein Frankreich

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